Buddhismus

Ch´an Buddhismus – Zen Buddhismus

Der Buddhismus ist keine japanische Religion, sondern ist in Indien entstanden und dem Hinduismus nicht völlig fremd. Siddhartha Buddha wurde ca. 500 v. Chr. in Nepal geboren und lehrte, daß Leben Leiden ist, daß alles zeitlich begrenzt ist, daß alles vergänglich und nichts ewig ist, daß alles irgendwann aufhört zu bestehen. Das einzig Sichere ist der Tod. Dies alles klingt sehr negativ und könnte am Leben verzweifeln lassen, hätte Buddha nicht noch drei Wahrheiten verkündet:

  • Leiden entsteht durch Begierde; die Begierde zu haben und die Begierde zu sein.
  • Jedoch kann die Begierde überwunden werden.
  • Sie kann überwunden werden, indem man den achtfachen Pfad geht.

Der achtfache Pfad:

  • Richtiges Verständnis der genannten Wahrheiten
  • Richtiger Vorsatz, diesen Pfad gehen zu wollen
  • Richtiges Sprechen (freundlich und offenherzig allen Lebewesen gegenüber zu sein)
  • Richtiges Handeln (alles mit bestem Wissen und Gewissen machen)
  • Richtige Lebensweise (in moralischen Sinne)
  • Richtiges Bemühen (die Energie aufbringen, nicht aufzugeben)
  • Richtiges Bewußtsein (seine Lage erkennen)
  • Richtige Meditation.

Um Befreiung zu finden, muß man sich von der Welt des Scheins lossagen. Der Buddhismus kennt keinen allmächtigen Schöpfergott. Es gibt viele verschiedene buddhistische Schulen, für unser Gebiet, also für Kampfkunst, ist vor allem der Ch´an-Buddhismus (Ch´an = Zen) von unmittelbarer Bedeutung.

Ca. 520 n. Chr. brachte Bodhidarma den Buddhismus ins Shaolin-Kloster in China. Dort vermischte er sich bald mit spättaoistischem Gedankengut. Die Ch´an-Schule lehnt jedes rationale Denken ab und findet die höchste Wahrheit und den Sinn des Daseins in der Meditation. Der Mensch muß seine Mitte und seine Buddhanatur finden. Durch paradoxe Antworten und Fragen versucht der Lehrer den Schüler zu der Einsicht zu bringen, daß logisches Denken in diesem Fall ein Hemmschuh ist, den es gilt abzulegen. Durch Koans (Gebetssprüche, die scheinbar keinen Sinn ergeben), die der Lehrer dem Schüler zum Meditieren gibt, will er rationales Denken, während der Meditation verhindern. Rationales Denken steht auch im Karate dem Erlernen von einigen Übungen entgegen. Der Einfluß des Buddhismus auf Karate ist vielerorts spürbar. Das Training selbst ist Leiden, der Schüler muß geduldig unter Schmerzen seinen Körper abhärten. Beim Unterricht muß er das kleinste Detail einer Bewegung beachten, selbst wenn es ihm unwichtig erscheint. Der Schüler lernt eine Bewegung nach der anderen. So soll er sich z.B. beim Erlernen einer Kata auf die kleinsten Bewegungen konzentrieren, die er gerade ausführt. Er soll noch nicht an die darauffolgende Bewegung denken. Gerade die Katas sind stark buddhistisch beeinflußt, was man ja allein durch das oftmalige üben einer einzigen Technik erkennt.

Außerdem soll der Buddhismus dem Schüler auch die richtige Einstellung (kein Gedanke an Sieg oder Niederlage) zum Kampf geben.

Taisen Deshimaru-Roshi (gestorben 1982), einer der führenden Vertreter des Zen-Buddhismus, geht in seinem Buch „Zen in den Kampfkünsten Japans“ besonders auf die inneren Aspekte der Budo-Techniken ein. Auf die Frage: „Wie soll man die Angriffstechnik auswählen?“ antwortet er: „Das ist keine Frage der Wahl. Das muß unbewußt, automatisch und natürlich geschehen. Das Denken darf nicht dazwischentreten, denn sonst gibt es eine Wartezeit und damit eine Lücke…“ Das Bewußtsein wählt einen Schlag – Technik und Körper folgen, das ist alles. Erst denken und dann die Technik ausführen ist nicht die richtige Abfolge. Man muß das suki, die Gelegenheit, die Möglichkeit zum Handeln, erfassen. Diese Gelegenheit ist sehr wichtig. Das Denken kann dies nicht. Allein das Bewußtsein, die Intuition, kann diese Gelengenheit, die Lücke, in der man handelt, erfassen.

In Kyoto standen sich einmal zwei Kendo-Meister (Kendo = japanischer Schwertkampf), beide achtzig Jahre alt, die in einem Turnier aufeinandertrafen, gegenüber. Fünf Minuten standen sie sich Auge in Auge gegenüber, das Schwert in der Hand, Spitze an Spitze, völlig unbeweglich. Nach Ablauf der fünf Minuten entschied der Kampfrichter auf hikiwake, unentschieden.

Auf die Frage, warum denn der Kampf auf diese Art und Weise ausgetragen wurde, antwortete einer der Kendo-Meister: „Ja, wenn man sich bewegt, zeigt man immer schwache Stellen. Dort, wo junge Leute mit mehr oder weniger unbeherrschten Angriffen und Aktionen kraftvoll um sich schlagen würden, wo Männer reifen Alters all ihre technische Erfahrung ins Spiel brächten, haben sich diese beiden alten Meister mit einem geistigen Kampf begnügt, einem Kampf durch die Augen und mit den Augen. Hätte sich einer der beiden bewegt, hätte auch seine Konzentration für einen kurzen Augenblick eine Schwäche gezeigt. Der Erste, der schwach geworden wäre, wäre ganz und gar verloren gewesen, denn der andere hätte sofort zugeschlagen.

Mut zur Lücke! In den Waffen-Methoden wie japanischer Schwertkampf, Stock oder Messerkampf muß man akzeptieren, daß systematische, lückenlose Sicherheit nicht existiert, da es kein Reagieren nach Berührungsreizen gibt. Denn wenn das Messer berührt, schneidet es, und jede Abwehr ist zu spät.

Daher ist auch im Karate das statische Kämpfen von Vorteil gegenüber dem sportlichen Hin- und Herhüpfen.